Flugwachen Ilseberg und Kleiner Berg

Mit Recherchen für unsere Heimatchronik fing es an. Im Rahmen der Geschehnisse in der Kriegs- und Nachkriegszeit berichteten ältere Einwohner von der "Flugwache". Plötzlich tauchten einige winzige Fotos auf und für die Chronik entstand ein kleines Kapitel, das nachfolgend wiedergeben wird:

 

"Flugbeobachtungswarten der Luftwaffe"

Zunächst auf dem Ilseberg und später auf dem kleinen Berg (oberhalb Börry) betrieb die Luftwaffe "Flugbeobachtungswarten". Während die bei Kriegsbeginn auf dem Ilseberg errichtete Station noch eher provisorischen Charakter hatte, wurde die nachfolgende Station auf dem Kleinen Berg wesentlich dauerhafter errichtet. Die Station auf dem Ilseberg bestand aus einer kleinen Holzbaracke und einem daneben befindlichen kleinen hölzernen Beobachtungsstand. Wie ein kleines Wachhäuschen sollte es wohl dem Wachhabenden Wetterschutz bieten.

Die erste Flugbeobachtungswarte auf dem Ilseberg (um 1940)
Flugwache IlsenbergFlugwache IlsenbergFlugwache Ilsenberg 

Die nachfolgende Einrichtung auf dem Kleinen Berg war da schon massiver. Die heute noch teilweise erhaltenen Betonfundamente für Turm und Baracke weisen auf folgende Maße hin: Länge ca. 8,70 bis 11,20 mtr., Breite 2,90 mtr.

Die Holzbaracke soll drei Räume enthalten haben (Dienstraum, Aufenthalts- und Schlafraum) und wurde von einem über dem Eingangsbereich befindlichen, über eine Leiter zu erreichenden, Holzturm überragt. Neben Luftwaffenhelferinnen waren dort ältere Männer der umliegenden Dörfer als Luftwaffenangehörige verpflichtet und mußten dort Beobachtungsdienst tun. Einflüge feindlicher Maschinen waren zu erfassen und weiter zu melden. Aus Frenke haben z.B. Ludwig Ricke und Wilhelm Mönkemeier zeitweise dort Dienst getan.

Nach dem Krieg wurde die Flugwache bald zerstört und die Bretter gestohlen."Zeitgenössische Bilder sind leider keine vorhanden - oder genauer: mir sind keine bekannt. Anhand der Betonfundamente, die teils schon sehr eingewachsen sind, kann man sich auch nur noch ein unvollständiges Bild machen (s.u.).

Flugwache IlsenbergFlugwache IlsenbergFlugwache IlsenbergFlugwache IlsenbergFlugwache IlsenbergFlugwache Ilsenberg

Aber nun wollte ich es genauer wissen. Was hat es mit der "Flugbeobachtung" auf sich gehabt? Mehr zu erfahren war im Bundesarchiv in Freiburg. S o war dort unter anderem in einer Denkschrift nachzulesen, dass die Flugwachen über 4 Meter hohe Türme verfügten und das der Beobachtungsstand verglast und (wg. der besseren Akkustik) rundum geschlossen war. Der Ausstieg nach oben war möglich. Für die Besetzung der Flugwachen waren Leute aus den der Flugwache benachbarten Dörfern, meist Weltkriegsteilnehmer, ausgesucht. Außerdem waren junge Mädchen als Fernsprech - Personal vorgesehen. und wer es ganz genau wissen will:   Ich habe das wichtigste aus der o.g. Denkschrift zu dem gesamten Flugmelde-System der Jahre 1939 - 45 zusammengefasst und folgend eingestellt. Den Stenogrammstil biite ich zu entschuldigen. Man muß im Archiv alles abschreiben(!), da fasst man sich dann etwas kürzer.

Flugmeldedienst im Luftgau XI) 1939 - 1943

Luftgau-Nachrichten-Regiment 11 Zwei Flugmeldeabteilungen II. / 11 (Hannover, ab 1.12.39 Bremen) und V. / 11 (Hamburg) Zur II. /11 gehörten die Flugmelde-Res. Kp. 10. / 11 mit den Flugwachkommandos (Flukos) Hannover + Braunschweig (Braunschweig 1941 -43 bei Luftgau VI) und 60 Flugwachen (Fluwa) und 9. / 11 in Bremen mit dem Fluko Bremen und 25 Flugwachen.
Zur V. / 11 gehörten die FluM.Res.Kp. 8. /11 mit Flukos in Hamburg und Schwerin und 83 Flugwachen, 11. /11 in Rostock mit Fluko Rostock und 24 Fluwa und 12. /11 mit Flukos Stendal und Perleberg und 35 Fluwa.

Die Kp. waren unterteilt in Flukozüge und Flugwachzügen mit je 10 Flugwachen.

Für die Besetzung der Fluwa waren Leute aus den der Fluwa benachbarten Dörfern, meist Weltkriegsteilnehmer, ausgesucht. Außerdem waren junge Mädchen als Fernsprech - Personal vorgesehen.

Jede Flugwache hatte 11 Soldaten ( 1 Trupp-Führer, 1 stv. Trupp-Führer und 3 Wachablösungen zu je 3 Mann - je ein Beobachter, ein Hilfsbeobachter und einen Telefonisten). Der Flugwachzug mit 10 Wachen und zugehörigen Verwaltungspersonal bestand also aus ca. 120 Mann.

Im Fluko in der Auswertung waren 3 Ablösungen mit je 10 - 12 Mann beschäftigt. Der Fluko - Zug bestand als aus ca. 40 Mann.

Die Helferinnen besetzten die Vermittlung ( mind. 2 Plätze), die Aufnahme ( je 3 FluWa 1 Aufnahmeplatz, für jedes Nachbarfluko 1 Platz) und die Weitergabe (Zahl schwankte).

Auch die Helferinnen waren in dreifacher Ablösung organisiert, zuweilen (im Großstadtbereich) auch in vierfacher Ablösung. Hinzu kamen 20 % Reserve und Verwaltungspersonal.

Allgemein gültige Zahlen für die Stärke eines FluKo lassen sich nicht nennen, zu unterschiedlich waren die örtlichen Gegebenheiten, daher nur ein Beispiel:
Am 31.1.1942 bestand V. / 11 aus 2.500 Soldaten und 1.000 Helferinnen.

Die Ausbildung des FluWa-Personals erfolgte im Flugzeugerkennungsdienst (z.B. anhand von Wiking-Modellen 1:50) und in der Vermittlung von Grundkenntnissen in Fernsprechbau und -betrieb).

Neuausbildung wurde bei FluM.-Ers.-Kp. 19. /11 (Hannover, später Pinneberg) betrieben.

Helferinnen wurden in Lübeck - St. Hubertus ( Okt. 42 - Mai 43 auch Hagenow) ausgebildet.

Arbeitsweise:

Die FluWa verfügten über 4 Meter hohe Türme. Der Beobachtungsstand war verglast und rundum geschlossen (wg. der besseren Akkustik!). Ausstieg nach oben war möglich.

Angrenzende Luftgaue:

Südosten, Osten Luftgau III
Südwesten Luftgau VI

Nutznießer:

Gefechtsstände der Jäger und der Flak, die Fliegerhorste, Luftschutz- und Eisenbahnwarndienst, Nachbar-FluKos und die Kleine Luftmelde-Sammelstelle (Kl.L.M.S.) beim eigenen Luftgau.

Umformung 1943 / 44

Das bisherige Verfahren erwies sich mit zunehmenden Feindeinflügen als zu schwerfällig und langsam. Die Meldung wurde im Laufe des Verfahrens allein dreimal schriftlich aufgenommen. Daher wurde nun auf das mündliche so genannte "Reportageverfahren" umgestellt. Die Beobachter in den FluWas erhielten dafür Kopfhörer und Sprechgarnitur und wurden direkt mit den Zeichnern an der Übersichtskarte im Fluko verbunden.

Da immer nur höchstens 15 - 20 FluWas an ein Fluko angeschlossen werden konnten, wurden die alten Fluko-Räume unterteilt. So entstanden die "Klein-Flukos" (die alten Flukos wurden "Haupt-Flukos").

Im Klein-Fluko befand sich eine Übersichtskarte 1 : 100.000. Diese war auf einen Tisch gespannt. Die Auswerter saßen um den Tisch, die FluWa waren mit Lämpchen bezeichnet. Wenn ein Lämpchen aufleuchtete kam eine Meldung dieser FluWa herein. Der Auswerter zeichnete auf, der Sprecher gibt zeitgleich an die Nutznießer weiter (ebenso an Nachbar- und Haupt-Fluko).

Im Haupt-Fluko wurde die Meldung an die Nachbar-Haupt-Flukos, unterstellte Klein-Flukos und das Fern-Fluko übermittelt. Das Fern-Fluko versorgte die Nachbar-Fernflukos III, VI und Holland (fernschriftlich außerdem den Luftgau I und Norwegen), alle unterstellten Haupt-Flukos, Flak- und Jagddivisionen, das I, Jagdkorps und die Luftflotte Reich. Außerdem war der Stab Luftgau angeschlossen (übernahm auch Aufgaben der nunmehr aufgelösten Kl.L.M.S.).

Die Flugmelde - Formation wurde aus dem Luftgau - Nachrichten-Regiment herausgenommen und zum Flugmelde-Regiment umgeformt.

Luftnachrichten - Flugemelde-Regt. 101 (Stab in Pinneberg)

Das Fern-Fluko (zugleich Reg.Gef.Std.) blieb beim Luftgau

FluM.-Res.Kp. wurden Flugmeldeabteilungen

I. / 101 Osnabrück, II. / 101 Bremen, III. / 101 Hannover, IV. / 101 Hamburg, VII. / 101 Aarhus, V. / 101. Schwerin und VI. /101 Rostock wurden geplant.

Die Haupt-Flukos wurden Abt.Gef.Stände. Der Raum eines Klein-FluKo entsprach einem Kp.-Bereich.

Soldaten wurden nun verstärkt herausgezogen.

Etwa 2/3 der Fluwa waren mit 2 Helferinnen und 6 Soldaten besetzt.

Auswertung in den Klein-Flukos übernahmen nun 30 Helferinnen ( 3 Ablösungen à 10) und 6 - 8 Soldaten.

In den Haupt- und Fern-Fluko wurden ebenfalls weitgehend Soldaten durch Helferinnen ersetzt.

Das Fern-Fluko bestand z.B. aus 4 Offiz., 40 Soldaten und 210 Helferinnen. Beim Übergang Fern-Melde-Regt. 101 auf die Jagd-Division hatte das Regiment rd. 1.000 Soldaten und 2.500 Helferinnen, war eine Umkehrung der früheren Verhältnisse bedeutet.

Die Soldaten waren als Fluwa-Truppführer, Auswerter, Auswerteleiter und Wachoffiziere eingesetzt. Die Helferinnen wurden als Zeichnerinnen, Auswerterinnen, Fernsprecherinnen, Fernschreiberinnen, Funkerinnen und als Bedienerinnen der Funk-Meß-Geräte beschäftigt.

Mittlerweile wurde die Helferinnen durch Einberufung durch das Arbeitsamt rekrutiert.

Am 28.8.1943 wurde die Umstellung offiziell vollzogen.

Das neue System war erfolgreich. Von der Auffassung bis zur Meldung an den Nutznießer vergingen nunmehr weniger als 1 Minute. Außerdem verhinderte das neue System in stärkerem Maße als bisher die Doppelmeldungen. Die dreifach Auswertung stellte zudem einen Ausleseprozeß dar. Die aktuellen Meldungen verdrängten die älteren, die bedeutenderen die unbedeutenderen. Überdies erwies sich das neue Verfahren als Personalsparend. Statt einer Abteilung, z.B. V. / 11 im Januar 1942 bestand nun das gesamte Regiment 101 aus 3.500 Köpfen.

Die Umstellung erfolgte zunächst bevorzugt in den wegen ihrer Lage besonders betroffenen Luftgauen VI und XI.

Die Jagdwaffe hatte eine eigene Flugmelde - Organisation (gestützt auf Funk-Meß-Geräte). Ergebnisse des Flugmeldedienstes wurden ergänzend herangezogen.

Am 1.4.1944 wurden beide Organisationen verschmolzen (Führung bei den Jägern). Dies verlief nicht reibungsfrei, so hat der Flugmeldedienst beim Angriff auf Kiel im August 1944 schwer versagt. Ab Winter 1944 / 45 arbeitete die Organisation wieder befriedigend. Die Organisation unterstand jedoch nun nicht mehr dem Luftgau XI. Daher wurde statt des Fern-Fluko beim Luftgau nun wider die Kl.L.M.S. betrieben. 5)

Gliederung 1939 - 43

Luftgau-Nachrichten-Regiment 11 (Pinneberg)

II. / 11 (Hannover, ab 1.12.39 Bremen)

Flugmelde-Res. Kp. 10. / 11 mit den Flugwachkommandos (Flukos) Hannover + Braunschweig und 60 Flugwachen (Fluwa)

Flugmelde-Res. Kp. 9. / 11 in Bremen mit dem Flugwachkommand (Fluko)

Bremen und 25 Flugwachen.

V. / 11 (Hamburg)

Flugmelde-Res. Kp. 8. /11 mit Flukos in Hamburg und Schwerin und 83 Flugwachen

Flugmelde-Res. Kp. 11. /11 in Rostock mit Fluko Rostock und 24 Fluwa

Flugmelde-Res. Kp. 12. /11 mit Flukos Stendal und Perleberg und 35 Fluwa.

Gliederung 1943 - 44

Ln-(Flugmelde) - Regt. 101 ( Pinneberg)

I. Abteilung Osnabrück

II. Abteilung Bremen

III. Abteilung Hannover

Haupt-Fluko Hannover

Klein-Fluko Steinhude, Fallingbostel, Braunschweig und Einbeck

IV. Abteilung Hamburg

Anmerkungen:

1) Hölscher, Wilhelm: Frenke - Begegnungen mit der Geschichte unseres Ortes, Eigenverlag, Frenke 2000.
2) ebenda, Kapitel "Heimatfront", S. 381 - 382
3) Denkschrift des Gen. der Flieger Wolff vom 24. Juli 1945, Bundesarchiv Freiburg, Signatur RL 19/427
4) Luftgau XI: seit 3.40 Sitz in Hamburg, seit 4.39 Erweiterung auf Mecklenburg, nördl. Vorpommern und die Prignitz. Umfasste damit: die Hansestädte Hamburg und Bremen, die Provinz Schleswig - Holstein, Mecklenburg (..); die Regierungsbezirke Aurich, Hildesheim, Lüneburg, Stade und Hannover, das Land Schaumburg-Lippe, das Land Oldenburg, das Land Braunschweig und den Kreis Ballenstedt (Land Anhalt)
5) General, der Flieger Wolff, a.o.O.,


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